Warum wir oft zu viel essen – Die Macht der Geschmackskombinationen
- 7. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Juli
Du willst nur ein kleines Stück Schokolade. Dann ist auf einmal die halbe Tafel weg. Oder du greifst ein paar Chips aus der Tüte – und plötzlich ist sie leer. Kommt dir bekannt vor? Keine Sorge, das liegt nicht daran, dass du einfach keine Willenskraft hast. Sondern an etwas, das man „hyperpalatable foods“ nennt. Klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach – bestimmte Zutaten-Kombinationen in Lebensmitteln machen es uns wahnsinnig schwer, aufzuhören zu essen.

Was steckt hinter dem Begriff "hyperpalatable foods" und warum essen wir davon zu viel?
Das ist ein wissenschaftlicher Ausdruck für Lebensmittel, die ganz gezielt so zusammengestellt sind, dass sie extrem lecker – und damit ziemlich „gefährlich“ – sind. Sie triggern unser Belohnungssystem auf eine Art, die natürlicherweise kaum vorkommt. Das Ergebnis: Wir essen mehr, als wir brauchen. Oft ohne es zu merken.
Eine spannende Studie dazu kam 2019 von Fazzino et al. Sie haben drei Haupt-Kombis identifiziert, die uns besonders zum Weiteressen verführen. Und zwar:

1. Fett + Zucker
Die wohl bekannteste Kombi. Süß und cremig ist für unser Gehirn wie ein Jackpot. Denk an Eis, Schokolade oder Torten – kaum jemand hört freiwillig nach einem Löffel auf.
Typische Beispiele:
Eiscreme
Schokoriegel
Kuchen, Muffins
Aufstriche wie Nutella
Was passiert dabei? Zucker gibt schnelle Energie, Fett sorgt für ein gutes Mundgefühl – und beides zusammen schüttet ordentlich Dopamin aus. Das macht glücklich. Kurzfristig.
2. Fett + Salz
Das ist die herzhafte Version – knusprig, deftig, unwiderstehlich. Viele Snacks funktionieren genau so.
Typische Beispiele:
Chips
Pizza (mit viel Käse)
Käsegebäck
Fast Food allgemein
Warum ist das so tückisch? Fett und Salz zusammen machen Aromen intensiver – gleichzeitig sorgen sie dafür, dass wir Sättigungssignale ignorieren. Man isst einfach weiter, weil’s so gut schmeckt.
3. Fett + Salz + Zucker
Das ist die „Alles-drin“-Kombi. Selten natürlich, aber umso beliebter in industriellen Snacks.
Typische Beispiele:
Salted Caramel
Karamell-Popcorn
Snickers & Co.
Schoko-Erdnüsse
Was macht das mit uns? Diese Kombi gibt es so in der Natur eigentlich nicht. Unser Körper kennt das nicht – deshalb weiß er auch nicht gut, wann genug ist.
4. Kohlenhydrate + Fett
Diese Kombi ist vor allem bei Comfort Food beliebt – warm, weich, wohltuend. Aber eben auch ganz schön kalorienreich.
Typische Beispiele:
Croissants
Pasta mit Sahnesoße
Pommes
Weißbrot mit Butter
Warum essen wir davon so viel? Es schmeckt nicht nur gut, sondern fühlt sich auch nach Geborgenheit an. Unser Körper verbindet solche Konsistenzen mit Wohlgefühl – und das steigert den Appetit.
So viele Kalorien essen wir mehr – ohne es zu merken Studien zeigen, dass Menschen bei diesen „hyperlecker gemixten“ Lebensmitteln 20–40 % mehr Kalorien aufnehmen – einfach weil sie schwer aufzuhören sind.

Beispiel aus der Forschung (Hall et al., 2019): In einem Versuch aßen Proband:innen mit hochverarbeiteten Lebensmitteln täglich ca. 500 kcal mehr, obwohl sie sich gleich satt fühlten wie andere.
Was das bedeutet:
Du isst nicht, weil du hungrig bist – sondern weil’s gut schmeckt.
Dein Körper ignoriert die „Stopp“-Signale.
Und ehe du’s merkst, sind’s ein paar Hundert Kalorien zu viel.
Was tun? – 5 praktische Tipps gegen die Verführung
Etiketten checken: Achte auf versteckten Zucker, Fettmischungen & Salz – vor allem in Kombination.
Selbst kochen – so einfach wie möglich: Kein 5-Gänge-Menü, aber einfache Sachen wie Ofengemüse, Joghurt mit Obst, Suppen.
Snack-Alternativen parat haben: Nüsse + Apfel statt Schokoriegel, Popcorn statt Chips.
Bewusst essen: Frage dich: „Hab ich wirklich Hunger – oder ist mir nur langweilig?“
Sattmacher priorisieren: Protein, Ballaststoffe, gesunde Fette – das ist dein Team gegen den Heißhunger.
Warum steckt diese Kombination in so vielen Produkten?
Ganz einfach: Weil sie funktioniert – für den Verkauf. In der Lebensmittelindustrie ist Geschmack gleich Umsatz. Wenn etwas besonders gut schmeckt, greifen wir öfter zu, essen mehr davon – und kaufen es wieder.
Darum sind viele sogenannte ultra-verarbeitete Lebensmittel exakt auf diese schmackhaften Kombinationen ausgelegt: Fett, Zucker, Salz – in optimaler Dosierung. Oft kommt dann noch ein angenehmes Mundgefühl dazu, eine weiche oder knusprige Textur, die kaum Widerstand bietet. Ergebnis? Man isst schneller und mehr.
Typische Beispiele für ultra-verarbeitete Produkte mit dieser „Suchtformel“:
Frühstückscerealien mit Zucker und Milchpulver
Tiefkühlpizza mit viel Käse und Wurst
Fertiggerichte mit Sahnesoße und Geschmacksverstärkern
Riegel, Kekse, Chips, Cracker, Instant-Nudeln
Das sind keine „Lebensmittel“ im klassischen Sinn – sondern Produkte, die auf maximale Attraktivität optimiert wurden. Für unser Gehirn ein Fest – für unsere Gesundheit eher nicht.
Studien zeigen: Je mehr ultra-verarbeitete Lebensmittel jemand isst, desto höher ist das Risiko für Übergewicht, Stoffwechselstörungen und ein generell unkontrolliertes Essverhalten.
Fazit: Du musst nicht alles streichen – nur verstehen, was passiert Essen darf Spaß machen. Und ja – manchmal darf’s auch was „Verführerisches“ sein. Aber wenn du weißt, warum du zu viel isst, kannst du bewusster gegensteuern. Du brauchst keine perfekte Ernährung – du brauchst ein bisschen Klarheit, ein bisschen Struktur – und den Mut, ehrlich
mit dir selbst zu sein.
Das reicht oft schon, um ganz schön viel zu verändern. Dieser Blogbeitrag liefert Informationen, mit welchen Lebensmittelkombinationen eine gute Sättigung erreicht wird:
Quellen und Studien:
Fazzino, T. L., Rohde, K., & Sullivan, D. K. (2019). Hyper-Palatable Foods: Development of a Quantitative Definition and Application to the US Food System Database. Obesity, 27(11), 1761–1768. https://doi.org/10.1002/oby.22639
Hall, K. D., Ayuketah, A., Brychta, R., et al. (2019). Ultra-Processed Diets Cause Excess Calorie Intake and Weight Gain: An Inpatient Randomized Controlled Trial of Ad Libitum Food Intake. Cell Metabolism, 30(1), 67–77.e3. https://doi.org/10.1016/j.cmet.2019.05.008






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